… nach 13 Jahren der nach-königlich- und -kaiserlichen Ordnungpolitik der Weimarer Zeit (der nur die mutigen KünstlerInnen entflohen waren) und 12 Jahren blutigen Entsetzens: Das hatten wir nicht gewollt, nur ein wenig rassische Ordnung …
Sogar so was wie stolze Demokratie und nette Nachbarschaft, wenn auch immer auf brüchigem Boden: Die Verletzungen und die Phantomschmerzen …
Phantom-Schmerzen an fehlenden Gliedern
Es gab viele Kriegskrüppel und gefallene und vermisste Familienmitglieder, viele, vor allem Nazis, waren noch eine Zeit in Gefangenschaft, ein paar waren hingerichtet worden … die russische Gefangenschaft und Zwangsarbeit dauerte am Längsten.
Die Phantom-Schmerzen an den Gliedern, die gar nicht mehr da sind, sind eine Nerven-Reaktion, die kein Ende mehr findet, denn da gibt es nichts, zu kratzen … und so geht es der Psyche weiterhin, mehrere Generationen lang.
Unsere Mutter hatte Angst und Unruhe, wenn die Sirenen heulten, jeden Samstag 12h mittags zur Probe und zwei mal im Jahr in voller Luftschutz-Version: üÜÜÜüüüüüÜÜÜÜÜüüüüÜÜÜÜÜüüüüüü … Minutenlang, und Minuten später die Entwarnung.
Es kamen keine feindlichen Flieger mehr, aber alle Erinnerungen an die Luftschutzkeller und die Menschen, die dort noch da waren, und heute nicht mehr.
Der Vater hatte lange nur gesagt: „Das verstehst du noch nicht!“ – wie auf all die Fragen nach seinem fehlenden Bein, den Nazis und den Gefallenen, und irgendwann hörten wir auf zu Fragen. Vor 50 Jahren endete der erste Auschwitz-Prozess (1963–1965). Der von Generalsstaatsanwalt Dr. Fritz Bauer initiierte Prozess führte den Deutschen und der Welt erstmals vor Augen, was Auschwitz wirklich war – niemand kann das mehr leugnen.
Mit den Jahren wuchs das Bewusstsein, auch zu Kolonialwaren und den Verläufen der Ausbeutung, aber auch das fiel bald wieder unter die Phantomschmerzen: Die Folgen des Handels sind hier nur als Reichtum zu sehen, und als Entwicklungshilfe schickten wir Waffen, aber wo kommen jetzt all diese Armen her, die in unserem Luxus leben wollen?
… da wollen Menschen aus den früher blühenden Gärten Afrikas (das war, bevor unsere christlichen Handelherren die Schätze dort holen ließen) nun in unsere blühenden Gärten bzw. so viel Geld verdienen, dass sie ihre Familien dort ernähren oder hierher nachholen können …
Darauf sind wir nicht eingerichtet. Unser Häuptling will unser „Sozialsystem“ bis zur letzten Patrone verteidigen, auch wenn dieses Sozialsystem schon so weit herunter gefahren ist, dass es für ganz normale Menschen hierzulande vor lauter Sanktionen nicht mehr reicht.
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