Der Elefant im Zimmer

  1. 8. 2023, https://portside.org/2023-08-06/elephant-room

Wir, Akademiker und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus Israel/Palästina und dem Ausland, machen auf den direkten Zusammenhang zwischen Israels jüngstem Angriff auf die Justiz und seiner illegalen Besatzung von Millionen von Palästinensern in den besetzten palästinensischen Gebieten aufmerksam. Die palästinensische Bevölkerung verfügt über nahezu keine Grundrechte, Wahl- und Protestrecht eingeschlossen. Sie ist ständiger Gewalt ausgesetzt: Allein in diesem Jahr haben die israelischen Streitkräfte über 190 Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen getötet und über 590 Gebäude zerstört. Mitglieder von Siedlerorganisationen brennen, plündern und töten ungestraft.

Ohne gleiche Rechte für alle, ob in einem Staat, zwei Staaten oder in einem anderen politischen Rahmen, gibt es immer die Gefahr einer Diktatur. Es kann keine Demokratie für Juden in Israel geben, solange die Palästinenser unter einem Apartheidregime leben, wie israelische Rechtsexperten es beschrieben haben. Der eigentliche Zweck der juristischen ‚Reform’ besteht darin, die Einschränkungen für den Gazastreifen zu verschärfen, den Palästinensern sowohl jenseits als auch innerhalb der Grünen Linie die gleichen Rechte vorzuenthalten, mehr Land zu annektieren und alle Gebiete unter israelischer Herrschaft von ihrer palästinensischen Bevölkerung ethnisch zu säubern. Die Probleme haben nicht erst mit der derzeitigen radikalen Regierung begonnen: Die jüdische Vorherrschaft hat seit Jahren zugenommen und wurde durch das Nationalstaatsgesetz von 2018 gesetzlich verankert.

Amerikanische Juden stehen seit langem an vorderster Front, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht, von der Rassengleichheit bis hin zu Abtreibungsrechten, aber sie haben dem „Elefanten im Raum“ nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt: Israels langjährige Besatzung, die ­– es sei wiederholt –zu einem Apartheidregime geführt hat. In dem Maße, wie Israel immer rechter wird und in den Sog der messianischen, homophoben und frauenfeindlichen Agenda der gegenwärtigen Regierung gerät, wird dieses Land jungen amerikanischen Juden immer fremder. Gleichzeitig unterstützen amerika-nisch-jüdische Milliardäre die extreme Rechte in Israel.

In diesem Moment der Dringlichkeit und auch der Möglichkeit zur Veränderung rufen wir die Führer des nordamerikanischen Judentums – Stiftungsleiter, Wissenschaftler, Rabbiner, Erzieher – dazu auf

  1. die israelische Protestbewegung zu unterstützen und sie gleichzeitig aufzufordern, die Gleichberechtigung von Juden und Palästinensern innerhalb der Grünen Linie und in den besetzten palästinensischen Gebieten anzustreben,
  2. Menschenrechtsorganisationen zu unterstützen, die Palästinenser verteidigen und Echtzeitinformationen über die gelebte Realität von Besatzung und Apartheid liefern,
  3. sich für eine Überarbeitung der Bildungsnormen und Lehrpläne für jüdische Kinder und Jugendliche einzusetzen, um eine ehrlichere Einschätzung der Vergangenheit und Gegenwart Israels zu vermitteln.
  4. Verlangen Sie von den gewählten Führern in den Vereinigten Staaten, dass sie sich für die Beendigung der Besatzung einsetzen, die Verwendung amerikanischer Militärhilfe in den besetzten palästinensischen Gebieten einschränken und die Straflosigkeit Israels in der UNO und anderen internationalen Organisationen beenden.

Kein Schweigen mehr. Die Zeit zum Handeln ist jetzt gekommen.

(Übersetzung: Jürgen Jung)

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