Der Ausgangspunkt der Wandervogel-Bewegung war das kulturell & industriell rauchende Berlin, Jugendliche, die aus der bürgerlichen Enge in die Natur wollten.
Weit ging das: Bis Ausdruckstanz, Freikörperkultur FKK, Trampen, Kothenleben (Zelten) Veganismus, …
in Gruppen von Jungs, Mädels oder gemischt, bündisch arisch oder jüdisch, die blaue Blume suchend: Romantisch, neoromantisch oder reformpädagogisch: Reformhäuser und Eden-Säfte gibt es bis heute.
Ausstellung in Potsdam bis 25.11. im Haus der Brandenburg- preußischen Geschichte Am Neuen Markt 9
Aus grauer Städte Mauern … war wörtlich gemeint: Die rußig stinkende Stadt Berlin war in Industrialisierung und kaiserlicher spät-Bürgerlichkeit eng geworden, in Korsett und Moral, saufender Studentenseligkeit und Arbeitenden-Ausbeutung, zwischen Hunger und Selbstgerechtigkeit der „Guten“, fast wie heute …
Ein paar literarische Vorbilder und die Berichte von schwedischen Jugendbewegungen hatten immer mehr junge Leute „auf Fahrt“ gelockt, sich auf den Weg machen, auf Ochsenkarren und Pferdegespannen um Mitnahme zu bitten und notfalls wieder ein stück zu laufen, wo immer man ankommt, etwas kleines zu Essen und zu trinken, den Vögeln zu lauschen und zu fotografieren, in Zelten zu schlafen …
… und manche hatten es geschafft, bis in die Hitlerjugend weiter zu machen: Hans Scholl bekam einen Prozess wegen „bündischer Umtriebe“ und §175, aber das war in Ulm, nach einer ungenehmigten Lappland-Fahrt.
Kothen, die großen schwarzen Zelte, Bundhosen, Gitarren, nordische Hemden: Die Zeichen der Freiheit und demokratischen Denkens stellten sich gegen Rauchen und Saufen der schlagenden Studentenverbindungen, der Alten Herren und das alte Patriarchat.
Die jungen Frauen, die sich anschlossen, wurden in manche Gruppen aufgenommen, bei anderen zur Gründung eigener Bünde ermutigt, um nicht in Verantwortlichkeit zu kommen. Es gab Gruppen aller arischen, politischen und jüdischen Couleur (Farben) …
Die Ausstellung?
Bleibt seltsam matt und skurril, rhetorisch und exemplarisch, wirkt aber in meinem Gefühl nicht selbst wirklich interessiert, obwohl sie die spannenden Bilder der Nackten vom Monte Verita bis zum Wannsee präsentiert, die Kohlrabi-Apostel und Lebensreformer einschließlich Homöopathie und Steiner, Eden und mit Wirkung bis in die Fahrradwerbung.
Frauenprojekte wie „Schwarzerden“ und die Auseinandersetzung der Geschlechter würde die heutige Literatur schon dazu geben, und die breite Wirkung der Jugendbewegung vom Meißner für die Begeisterung zur Selbst-Werdung gegen den bürgerlichen Gehorsam, den Militarismus und die Demokratie: Das hat nachhaltig das Land verändert.
So bleibt der Geschmack der skurrilen Vögel, wo doch unsere Großeltern und Eltern alle irgend einen Bezug zu der Zeit hatten, der nicht nur so ganz verrückt erschien: Postkarten, Vorträge, Ausdruckstanz, Schauspiel (Ibsen, Frühlings erwachen) …
Für die Frauen kam der Mut zum Abschied vom Korsett (auch noch einmal in der 60ern zu erleben), der später weiter ging zur Befreiung von der „gemachten Figur“ und geschönten Maske, vom BH in der Studentenbewegung.
Gleichzeitig entstand mit der Fahrrad- und Turnerbewegung ein Bewusstsein zum Körper mit Ausdruck, Sport und Gemeinschaftlichkeit, die so nicht breit existiert hatte.
Besonderer Dank
Der für mich am Anschaulichsten wirkende Teil wurde die Ausführung zur Reformpädagogik, mit dem Adolf Reichwein und sein Wirken sehr anschaulich präsentiert wird … (WIRD FORTGESETZT)
reformpädagogik
Materialien im Archiv der Wandervogel-Bewegung auf Burg Ludwigstein bei Witzenhausen
weitere Artikel:
Vom Wandervogel zur Befreienden Pädagogik auf http://befreiungsbewegung.fairmuenchen.de
Kritische Theorie ist eine deutsche Tugend (gewesen?)
wandelwoche, zukunftswerkstatt, solikon www.solikon2015.de
…und einige wandern bis heute … www.brandenburger-wandervogel.de
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